
Warum Omnichannel-Händler Single-Platform-Verkäufer überholen
Der Onlinehandel in Deutschland und Europa hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Während es früher möglich war, allein mit einem Amazon-Shop oder einem eBay-Account dauerhaft erfolgreich zu sein, zeigt sich heute ein klarer Trend: Händler, die mehrere Kanäle bedienen – also echte Omnichannel-Strategien verfolgen – wachsen schneller, sind widerstandsfähiger und haben langfristig die Nase vorn. Doch woran liegt das? Warum geraten reine Single-Platform-Verkäufer zunehmend ins Hintertreffen? Die Antwort liegt nicht nur in der größeren Reichweite, sondern auch in den strukturellen Vorteilen, die Omnichannel mit sich bringt. Kunden erwarten heute Vielfalt und Flexibilität Das Kaufverhalten in Europa hat sich stark gewandelt. Deutsche Konsumenten informieren sich oft über mehrere Plattformen, bevor sie sich für einen Kauf entscheiden: Sie sehen ein Produkt in einer Instagram-Anzeige. Vergleichen es auf Amazon oder Kaufland.de. Schauen Bewertungen auf eBay. Und schließen den Kauf vielleicht sogar im eigenen Shop des Händlers ab, weil es dort den besten Service oder Rabatt gibt. Eine aktuelle Untersuchung unterstreicht diesen Trend: Laut der Omnichannel Future Study 2023 von ECC Köln und Google nutzen insbesondere jüngere Zielgruppen regelmäßig mehrere Kanäle, um Produkte zu recherchieren und zu kaufen. Sie wechseln dabei selbstverständlich zwischen Online-Shops, Marktplätzen und stationärem Handel. Händler, die nur auf einer Plattform präsent sind, laufen Gefahr, in dieser „Customer Journey“ gar nicht mehr stattzufinden. Mehr Reichweite bedeutet weniger Abhängigkeit Ein Single-Platform-Ansatz kann bequem erscheinen – man kennt die Regeln, hat die Prozesse optimiert und muss nicht mehrere Systeme gleichzeitig managen. Doch diese Konzentration ist riskant. Ein Beispiel: Amazon verändert regelmäßig seine AGB und Algorithmen. Wer allein dort verkauft, kann von heute auf morgen Umsatzeinbußen erleben, wenn sich die Rankinglogik ändert oder das eigene Konto gesperrt wird. Bei eBay gilt Ähnliches: Sinkende Sichtbarkeit oder steigende Gebühren können den Gewinn schnell auffressen. Omnichannel-Händler verteilen ihr Risiko. Fällt ein Kanal weg oder performt schlechter, können andere Kanäle die Verluste abfedern. Das führt zu stabileren Umsätzen – und langfristig zu mehr Wachstum. EU-Regulierungen: Komplexität meistern, Vorteile sichern Der europäische Markt bringt zusätzliche Herausforderungen mit sich: Omnibus-Richtlinie: Strengere Regeln für Preisangaben und Rabatte. DSA (Digital Services Act): Höhere Transparenzpflichten für Marktplätze. OSS/IOSS-Regelungen: Vereinfachte, aber verpflichtende Umsatzsteuerabwicklung für grenzüberschreitenden Handel. VerpackG in Deutschland: Registrierungspflicht für Verpackungen über LUCID. Single-Platform-Händler empfinden diese Anforderungen oft als Belastung. Omnichannel-Händler hingegen professionalisieren ihre Strukturen ohnehin stärker. Mit zentralem ERP, automatisierter Steuerlösung (z. B. Taxdoo) und einheitlichem Compliance-Management können sie gesetzliche Vorgaben leichter für alle Kanäle gleichzeitig erfüllen. Das verschafft Effizienzgewinne und mindert rechtliche Risiken. Wettbewerbsvorteil durch Daten und Technologie Ein wesentlicher Grund, warum Omnichannel schneller wächst, liegt in der Nutzung von Technologie. Wer nur auf einer Plattform agiert, hat einen eingeschränkten Blick auf seine Kunden. Omnichannel-Händler hingegen sammeln Daten aus verschiedenen Quellen: Welche Produkte laufen auf Amazon am besten? Welche Zielgruppen erreicht man über OTTO oder Allegro in Osteuropa? Welche Conversion-Raten erzielt man im eigenen Shop mit Google Ads? Durch die Bündelung dieser Daten entsteht ein vollständigeres Bild des Kundenverhaltens. So können Händler präzisere Prognosen erstellen, Marketingbudgets effizienter einsetzen und Lagerbestände optimieren. Moderne Tools wie Afterbuy ermöglichen zudem eine zentrale Steuerung von Beständen, Bestellungen und Retouren – kanalübergreifend. Bessere Kundenbindung durch Omnichannel In einem zunehmend gesättigten Markt ist Kundenbindung Gold wert. Single-Platform-Händler haben hier oft das Nachsehen, da sie auf die Rahmenbedingungen der Plattform angewiesen sind. Ein Beispiel: Wer nur über Amazon verkauft, hat kaum Möglichkeiten, die Kundenbeziehung selbst zu gestalten. Kommunikation, Branding und Kundendaten bleiben in Amazons Hand. Omnichannel-Händler können dagegen verschiedene Ebenen bespielen: Marktplätze für Reichweite. Eigener Shop für volle Markenpräsenz und Kundendaten. Stationärer Handel oder Pop-up-Stores als Ergänzung. Social Commerce auf Instagram oder TikTok, um Kunden emotional anzusprechen. Diese Vielfalt schafft stärkere Markenloyalität und reduziert die Abhängigkeit von externen Plattformen. Logistische Exzellenz als Wachstumstreiber Natürlich: Mehr Kanäle bedeuten mehr Komplexität in der Logistik. Bestandsführung, Fulfilment, Retouren – all das wird aufwendiger. Doch Händler, die diese Herausforderungen meistern, gewinnen einen entscheidenden Vorteil. Sie können Produkte dort lagern, wo die Nachfrage am größten ist (z. B. Amazon PAN-EU oder lokale Lager in Frankreich und Polen). Sie reduzieren Lieferzeiten, was sich direkt positiv auf das Ranking in den Marktplätzen auswirkt. Sie erfüllen die hohen Erwartungen europäischer Kunden an schnelle Lieferung und einfache Retouren. Kurz: Wer Omnichannel beherrscht, wird in den Augen der Kunden als zuverlässiger wahrgenommen – und das zahlt sich langfristig aus. Kostenstruktur: Investition, die sich lohnt Single-Platform wirkt oft günstiger, weil man nur eine Monatsgebühr, ein Gebührenmodell und einen Werbekanal im Blick hat. Doch genau das ist trügerisch. PPC-Wettbewerb: Auf Amazon steigen die Klickpreise seit Jahren. Händler, die nur dort Werbung schalten, geraten unter Druck. Provisionen: Wer mehrere Plattformen nutzt, kann Preisstrategien anpassen und Margen optimieren. Marketing-Mix: Omnichannel erlaubt, Werbebudgets dort einzusetzen, wo der Return on Investment am besten ist. Eine Studie von Forrester zeigt, dass Omnichannel-Händler im Schnitt bis zu 30 % höhere Kundenwerte (Customer Lifetime Value) erzielen, weil sie Kunden über verschiedene Kontaktpunkte besser halten können. Fallbeispiel: Zwei Händler – zwei Wege Stell dir vor, zwei mittelständische Händler aus Süddeutschland starten im Jahr 2020 mit dem Verkauf von Küchenzubehör. Beide haben ein vergleichbares Sortiment (Pfannen, Messer, Küchenhelfer), ähnliche Margen und vergleichbare Teamgrößen. Händler A: MaxCook GmbH – der Single-Platform-Verkäufer MaxCook entscheidet sich, ausschließlich über Amazon zu verkaufen. Der Einstieg läuft hervorragend: Mit wenigen Produkten erreicht das Unternehmen schnell hohe Umsätze. Das Ranking verbessert sich durch gute Conversion Rates, und Prime sorgt für Vertrauen bei den Käufern. Doch mit der Zeit steigen die Herausforderungen: Amazons PPC-Kosten gehen spürbar nach oben. Rücksendungen häufen sich, und die Margen sinken. Ein Algorithmus-Update im Jahr 2023 sorgt dafür, dass Konkurrenzprodukte mit mehr Bewertungen bevorzugt gelistet werden. MaxCook versucht, über kleine Optimierungen gegenzuhalten, bleibt aber stark von Amazon abhängig. 2025 stammen 92 % des Umsatzes noch immer von dort. Händler B: Kochwelt24 – der Omnichannel-Pionier Kochwelt24 startet zeitgleich ebenfalls auf Amazon, entscheidet sich aber früh für eine Omnichannel-Strategie. Bereits im zweiten Jahr kommen ein eigener Shopify-Shop und Listungen auf OTTO-Market und Kaufland.de hinzu. Um die wachsende Komplexität zu meistern, setzt das Team auf Afterbuy als zentrales ERP-System. Damit lassen sich Bestände, Aufträge und Retouren über alle Kanäle hinweg synchronisieren. Ab 2023

